Auf Mörderjagd im Jagsttal

Schauspieler Aaron Frederik Defant alias „Massimo Guerra“ bedroht die Laiendetektive mit einer Knarre. Sein Kumpel „Thommy“, Thomas Morhard, hat die Eindringlinge mit Kabelbindern aneinandergefesselt. Der Jugendtreff in Stetten (Frankenhardt) dient als Unterschlupf für die Gauner. Sie geben Hinweise, die zur Ermittlung des Mörders von Schlossherr Emanuel Lang hilfreich sind. Fotos: Joachim Mayershofer

Ein normales Krimidinner kann jeder, denkt sich der Unternehmer Steffen Knödler. Er bietet Firmen und anderen Zielgruppen eine spannende Schnitzeljagd mit dem besonderen Kick an.

JOACHIM MAYERSHOFER
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Ihr Schweine, was macht ihr hier“, brüllt der drahtige Mann in den zerrissenen Jeans. Er zückt seine Pistole und knallt den ungebetenen Besuchern ein paarweitere, nicht zitierfähige Sprüche an den Kopf. Sein schwarzer, streng zurückgegelter Pferdeschwanz und seine dicke Goldkette wirbeln durch die Luft. So schnell und intensiv bewegt sich „Massimo Guerra“ von Person zu Person. Fünf Männer und eine Frau stehen wie kurz vor der Exekution an der Wand in einer verlassenen Bude. IhreHandgelenke sind mit Kabelbindern aneinandergekettet. „Euch hat bestimmt Harry geschickt, oder?“, schreit Massimo in die Runde. „Der miese Bulle hat mich in den Knast gesteckt!“ Dann erzählt er, wie er als Kleinkrimineller mit dem Polizeihauptkommissar Geschäfte machte, Drogen waren ebenso im Spiel wie diverse Frauengeschichten, die Mafia, Schulden, und letztlich auch einMord imWasserschloss in Erkenbrechtshausen. Um diesen „Mord im Jagsttal“ dreht sich einen Tag lang alles bei einer aufregenden Schnitzeljagd für Erwachsene, die durch große Teile des Landkreises führt.

An einer Station düsen die Schnitzeljäger durch denWald und treffen auf eine Kräutersammlerin, die ihnen weitere Tipps zur Aufklärung des Falls gibt. Privatfoto

Am Degenbachsee bei Jagstheim müssen die Laiendetektive ein Floß bauen, um einenHinweis zu erhaschen. In Langenburg seilen sie sich in den Schlossgraben ab, um an einen wichtigen Schlüssel zu gelangen. Anderswo steht eine Segwayfahrt auf dem Programm, bei dem eine auskunftsfreudige Kräutersammlerin des Weges kommt. Und in der Kantine 26 in Crailsheim schickt Barfrau Nicole die Gruppe in den Keller, in dem kein Licht geht. Die Spritzer Kunstblut leuchten aber auch im Kerzenschein des Leuchters dunkelrot, den Nicole den neugierigen Gästen erst nach ein paar Minuten mitgibt. Sie spielt ihre Rolle wie die anderen Darsteller so überzeugend, dass oftmals auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden ist, wer zum Spiel gehört und wer wirklich nur ein Passant ist. „Eines unserer Ziele war es, die Teilnehmer in solch skurrile Situationen zu locken, an die sie sich noch viele Jahre erinnern“, sagt der Unternehmer Steffen Knödler, der die Idee zu diesem besonderen Krimidinner mit Outdoor-Elementen hatte. Der gebürtige Crailsheimer ist der echte Besitzer des Wasserschlosses, dem Ausgangspunkt für die Jagd nach dem Mörder von Emanuel Lang, dem fiktiven Schlossherrn. Zu Beginn sieht es dort wie an einem richtigen Tatort aus: Überall flattern rot-weiße Absperrbänder, Kriminaltechniker nehmen Spuren, ein Polizeitransporter und ein Leichenwagen sorgen für noch mehr Atmosphäre. Dass es sich dabei umden Auftakt zu einem besonderen Abenteuertag handelt, durchschauen die Führungskräfte einer Versicherungsfirma, die zu einem dreitägigen Seminar im Schloss weilen, recht schnell.Wenngleich manche doch kurzzeitig überlegen, ob es vielleicht doch real sein könnte, wie sie später zugeben. Die Laiendetektive gelangen vom Wasserschloss aus an verschiedene Stationen im Landkreis. Dort finden sie dann eben Hinweise auf den Mörder. Oder erhalten von echten Schauspielern – wie Aaron Frederik Defant als Kleinganove Massimo Guerra – und Laiendarstellern Informationen über die vier Verdächtigen. Hat Polizeihauptkommissar Harry Stephan, Martin Walz, die rechte Hand des Schlossbesitzers, Walz’ Frau Bettina oder Langs Gattin Inge den Mord verübt? Das Drehbuch haben sich die Regisseure Emanuel Brüssau und Sandro Lang – deshalb lautet der Name des Opfers auch Emanuel Lang – eigens für Steffen Knödler ausgedacht. Sandro Lang, der studierter Drehbuchschreiber ist, hat sich mit seinem Kollegen viele liebevolleDetails überlegt, welche die Spurensuche zu einem großen Spaß machen.

ImWasserschloss Erkenbrechtshausen besprechen die vier Schauspieler und die beiden Regisseure das Vorgehen. Im Hintergrund hängt der Einsatzplan.

Sogar eigene Facebook-Profile der potenziellen Täter hat er angelegt. Mit Codes, die sie unterwegs finden, können sich die Detektive auf den Seiten einloggen und weiter recherchieren. Auch für den Regisseur ist es gar nicht so leicht, bei achtGruppen, die alle unterschiedliche Informationen erhalten, den Überblick zu behalten. „Das war heute ein Pilotprojekt, und nicht alles hat geklappt“, erklärt Lang. Trotzdem ist er wie auch Auftraggeber Steffen Knödler und Kunde Jürgen Afflerbach, Vorstandsvorsitzender der 1:1 Assekuranzservice AG, sehr zufrieden mit der Premiere des „Mords im Jagsttal“. „Ich kenne viele Krimidinner, aber keines, bei dem der Team- und Outdoorgedanke so kombiniert werden“, findet Afflerbach lobende Worte für die Organisatoren. Das Gesamtkonzept habe ihm sehr gut gefallen und das meiste habe seinen Erwartungen entsprochen, wenngleich es noch einige Details wie zu lange Autofahrten auszumerzen gäbe. Besonders reale Menschen miteinzubeziehen, sei aber eine hervorragende Idee. „Dass zwei Frauen sich einfach unterhalten und so versteckte Hinweise geben, ist viel besser, als irgendwo einfach Dossiers einzusammeln“, sagt Afflerbach. Steffen Knödler erklärt, dass es nun gelte, positive Erfahrungen zu optimieren und negative Erkenntnisse wegzustreichen,umdem Kunden ein „Premium-Endprodukt“ anzubieten und dabei aber das Budget nicht aus den Augen zu verlieren. „Der Mord im Jagsttal“ werde immer als Grundidee bestehen, das Drumherum aber stetig verändert. „Der Überraschungseffekt soll schon erhalten bleiben“, sagt Knödler. Regisseur Sandro Lang ergänzt, dass die Dramaturgie jedesMal neu sein werde, aber stets kontrollierbar. Aber auch Explosionen seien denkbar, fügt er lachend an. Und das Ende soll dann an die jeweilige Geschichte angepasst werden. Ein Beispiel: Weil Emanuel Lang Spielschulden hatte, dürfen die Laiendetektive dieses Mal nach dem Abendessen in ein eigens aufgebautes Casino im Schloss. Genauso gut könne dort aber eine große Cocktailparty steigen, wenn der Hauptcharakter gerne in Bars unterwegs ist, erklärt Steffen Knödler, der sich erst bei der Auflösung des Rätsels als echter Schlossherr zu erkennen gibt. Den Mord verübt hat übrigens Bettina Walz. Zwei Gruppen haben das richtig erraten – und genießen das Krimidinner nach der spaßigen, aber anstrengenden Jagd damit noch mehr. InfoWeitere Bilder der Mörderjagd finden sich auch online auf der Homepage unserer Zeitung.

Zeitungsbericht aus dem HT, Wochendausgabe, Samstag, 24. September 2011
Autor: JOACHIM MAYERSHOFER

Hier gibts den Bericht als PDF zum Downloaden: >>